Darm-Hirn-Achse
Neue Forschungen zeigen, dass der Darm das Gehirn beeinflusst. Autoimmunkrankheiten wie MS, Parkinson und Alzheimer haben alle mit dem Darm zu tun. Prof. Marco Prinz, Neuropathologe Univ-Klinikum Freiburg sagt: „Für ein normales und gut funktionierendes Gehirn brauchen Sie ein intaktes Darmsystem, ein bakterielles Darmsystem. Somit nährt der Darm das Hirn.“ Auch Prof. Aiden Haghikia, Neurologe am St. Josef-Hospital / Ruhr-Univ. Bochum ist sich sicher, dass wir den Darm nicht mehr ignorieren können, wenn es um die Therapie von Erkrankungen geht.
Die Darmbakterien sind wahrscheinlich entscheidend. Millionen davon leben in uns und umfassen fast 2 kg. Sie sind auch für das Gehirn wichtig, was in Studien an Mäusen gezeigt werden konnte. Ohne Darmbakterien nimmt das Gehirn Schaden. Die Forscher des Univ-Klinikums Freiburg haben festgestellt, dass bei Mäusen, die gar keine Darmbakterien haben, das Immunsystem im Hirn dramatisch verändert ist. Sie fanden außerdem heraus, dass Immunzellen im Gehirn nur dann funktionieren, wenn Darmbakterien bestimmte Stoffe für sie herstellen. Prof. Marco Prinz betont, dass diese Immunzellen normalerweise sehr aktiv im Hirn sind. Sie hätten kleine Fortsätze, die ständig in Bewegung sind und die Nervenzellen abtasten. Wenn keine kurzkettigen Fettsäuren mehr vorhanden wären, wären sie deutlich eingeschränkt, verkümmern richtig.
Das bedeutet also, dass die Gehirnabwehr ohne kurzkettige Fettsäuren, wie z.B. Propion, verkümmert. Um herauszufinden, ob diese Fettsäuren in der Lage sind, ein krankes Mäusegehirn zu heilen, gaben sie solchen Mäusen Propionsäure ins Wasser. Das Ergebnis war erstaunlich: das Immunsystem im Gehirn der Mäuse erholte sich.
Ärzte am Bochumer St. Josef Hospital vermuten, dass das auch beim Menschen funktioniert. Im Darm eines gesunden Menschen leben etwa 160 verschiedene Bakterienarten. Bei MS-Patienten sind einige Arten verschwunden. Bisher ist noch unklar, war zum Artensterben führt. Klar ist nur, dass weniger Bakterienarten ungünstig sind, denn weniger Bakterien bedeuten weniger Propionsäure, was sich auch im Blut der Patienten wiederspiegelt.
Zusammenhang zwischen Darm, Immunsystem und Propionsäure
Laut Prof. Aiden Haghikia erleben viele MS-Patienten nach relativ kurzer Zeit der Einnahme eine Art „Aufschwung“: „Sie fühlen sich fitter, haben mehr Kraft, weniger Müdigkeit, oder das was man in der MS Sprache als fatigue bezeichnet, sind weniger infektanfällig.“
Ärzte fanden bei Untersuchungen des Blutes heraus, dass Abwehrzellen sich um 30% vermehrten und Entzündungszellen um bis zu 50% abnahmen.
Auch bei anderen Krankheiten wie Heuschnupfen kann die Propionsäure helfen. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass in der Darmwand ein Teil unseres Immunsystems sitzt. Immunzellen, Bakterien und ihre Produkte treffen aufeinander. Die Fettsäure könnte der Abwehr hier geholfen haben.
Ralf Gold, Neurologe und MS-Spezialist in Bochum ist überzeugt, dass durch Propionsäure keine Gefahren entstehen.
Es gibt zwar noch keine klinischen Daten, aber es spricht nichts dagegen, die Propionsäure zu testen und zu schauen, ob sie wirkt.